Die Freibadsaison in diesem Jahr hat durchwachsen begonnen – und das liegt nicht nur an den wenig sommerlichen Temperaturen: Um bei den Bäderbetrieben kräftig Geld einzusparen – insgesamt geht es um 822 000 Euro im Jahr, – hat der Gemeinderat Ende April beschlossen, auch die Öffnungszeiten im Ziegeleiseebad zu reduzieren. Konnten Freibadgäste bisher von Mai bis September von 9 bis 20 Uhr im Naturseebad schwimmen, ist jetzt vormittags bis zwölf geschlossen und abends schon um 19 Uhr Schluss. Dass von Pfingstsonntag, 28. Mai, bis zum Ende der Sommerferien von 11 bis 20 Uhr geöffnet ist, empfinden die Kritiker der Sparmaßnahme nur als schwachen Trost.
Unterschriftenaktion auf dem Wochenmarkt
Weil sie sich sicher waren, dass nicht nur sie unzufrieden sind mit der Entscheidung, sind Corinna Walhalla, Ilona Bohner und Jutta von Hausen an den vergangenen beiden Samstagen auf den Wochenmarkt gegangen, um Unterschriften für eine Rückkehr zu den Öffnungszeiten in den Vormittagsstunden zu sammeln. Dabei gehe es ihnen, betonen die Schorndorferinnen, gar nicht um ihre eigenen Interessen, sie wollen sich für Schorndorf und das Ziegeleiseebad starkmachen.
Argumente für die Rückkehr zur Vormittagsöffnung gibt es aus ihrer Sicht genug: Die neuen Öffnungszeiten halten die Kritikerinnen für zu verwirrend – und auch für auswärtige Badegäste nicht nachvollziehbar. Dass in einem Freibad ausgerechnet im Hochsommer Geld eingespart werden soll – und „das Bad auf Minimalspur gefahren wird“ – ist für sie unverständlich. Auch das Argument, dass Schwimmer ja vormittags alternativ ins Hallenbad gehen könnten, können sie nicht nachvollziehen: Erst am Montag, erzählt Ilona Bohner, habe sie mit einem älteren Mann gesprochen, der von der Schwimmbahn gescheucht wurde, weil eine Schulklasse im Hallenbad Schwimmunterricht hatte. Und auch das Zuckerl, dass Saisonkarteninhaber/-innen vormittags ins Hallenbad gehen können, besänftigt die Kritikerinnen nicht: Schließlich war, als sie die Saisonkarten fürs Freibad gekauft haben, nicht klar, dass das Ziegeleiseebad erst um 12 Uhr öffnet.
Nicht zuletzt appellieren die Schorndorferinnen auch dafür, diejenigen mitzunehmen, die in der Minderheit sind: Die in der Regel älteren Frühschwimmer, die Sommer für Sommer – abseits vom nachmittäglichen Freibadgetümmel und der sengenden Hitze – morgens ab 9 Uhr in aller Ruhe ihre Bahnen ziehen konnten. Viel gerechter wäre es aus Corinna Walhallas Sicht, das Bad an einem Tag in der Woche ganz zu schließen oder nur noch kaltes Wasser in den Duschen anzubieten – und dafür das Freibad zumindest in den drei Hochsommermonaten im Juni, Juli und August schon morgens um 9 Uhr zu öffnen. Das würde auch an heißen Tagen für Entspannung sorgen, wenn der Parkplatz rappelvoll und die Schlange am Eingang sowieso schon ewig lang sind. Und auch diese Frage stellt sich für die Kritikerinnen: Wo sollen die Kinder, die in der Corona-Pandemie schon unter Kontaktbeschränkungen gelitten haben, in den Sommerferien hin?
Gut 200 Unterschriften haben Corinna Walhalla, Ilona Bohner und Jutta von Hausen an den beiden Samstagen gesammelt. „Zum Teil haben die Leute bei uns zu Hause angerufen, um unterschreiben zu können“, erzählen die passionierten Freibadgängerinnen und haben bei ihrer Aktion auch viele Unmutsäußerungen gehört: „Viele können’s nicht verstehen.“
Für EBM Thorsten Englert „der bestmögliche Kompromiss“
Mit dem Unterschriften-Stapel sind die drei dann am Montagnachmittag bei Erstem Bürgermeister Thorsten Englert in die Bürgersprechstunde gegangen – allerdings ohne ihn überzeugen zu können: Für die Stadtverwaltung sind die neuen Öffnungszeiten für die Schorndorfer Bäder „der bestmögliche Kompromiss in Zeiten von Sparmaßnahmen“. Schließlich lassen sich, so Englerts Argumentation, mit den verkürzten Öffnungszeiten und Personaleinsparungen die jährlichen Verluste der Bäder minimieren. „Wir möchten“, betont Englert, „mit diesen Einsparmaßnahmen niemandem persönlich etwas Böses und wissen auch um die regionale Bedeutung des Oskar-Frech-Seebades, aber wir müssen aktuell in allen Bereichen ganz genau hinschauen, an welchen Stellen es mögliche Einsparpotenziale gibt, um den städtischen Haushalt zu entlasten.“
Dass es beim Freibad jetzt nur noch ums Geld gehen soll, das greift für die Kritikerinnen deutlich zu kurz: „Es geht doch auch um die Gesundheitsvorsorge“, sagt Ilona Bohner. Und obwohl sie gar nichts gegen den Bau der neuen Stadtbücherei hat und in finanziell angespannten Zeiten das eine nicht gegen das andere aufwiegen will, stellt sich für sie doch die Frage: „Muss das jetzt sein?“
Den drei Schorndorferinnen geht es bei ihrer Aktion überhaupt nicht darum, Krawall zu machen, und zunächst haben sie sich sogar gescheut, über die Zeitung an die Öffentlichkeit zu gehen. Doch das Ziegeleiseebad ist ihnen zu wichtig, um untätig zuzusehen, wie es immer unattraktiver wird: „Wir wollen eine gute Lösung.“ Darum werden sie mit ihrem Anliegen am Donnerstagabend auch in die Bürgerfragestunde in den Gemeinderat gehen.
Author: Michael Graves
Last Updated: 1702324681
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